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    Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz  vom 14.08.2007, Az. 2 O 141/06 und

   Beschluss des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken  vom 18.09.2008, Az. 7 U 12/08 - §§ 164     Abs. 1, 280 BGB, 138 Abs. 3 ZPO

    Schadensersatz nach fehlerhafter Anlageberatung

 

Die Klägerin macht vor dem Landgericht gegen den Beklagten einen Schadensersatzanspruch wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend.

Auf Empfehlung des Beklagten erwarb die Klägerin Gesellschaftsanteile an einer AG & Co. KG für den Betrag von 8.000,00 €. Zuvor hatte die Klägerin ihre Ersparnisse in einer Lebensversicherung und in Bausparverträgen angelegt. Dem Erwerb der Anteile waren zunächst die Teilnahme der Klägerin an einem durch den Beklagten veranstalteten Seminar und zwei Gespräche zwischen den Parteien in der Wohnung der Klägerin vorausgegangen. Im Verlauf des zweiten Termins unterschrieb die Klägerin für den Erwerb der Anteile die sogenannten "Zeichnungsscheine" und bestätigte fener mit ihrer Unterschrift, den Emissionsprospekt erhalten und die mit der Anlage verbundenen Risiken zur Kenntnis genommen zu haben. Über das Vermögen der AG & Co. KG wurde sodann das Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Klägerin macht geltend, sie sei über die Eigenschaften der Beteiligung an der AG & Co. KG und die ihr innewohnenden Risiken nicht angemessen durch den Beklagten informiert worden. Dieser habe sich darauf beschränkt, die Vorzüge einer Beteiligung anzupreisen und enorme Gewinne in Aussicht gestellt. Sie selbst verfüge über keine Fachkenntnisse in Bezug auf Geldanlagen. Wenn ihr die tatsächlichen Risiken bekannt gewesen wären, hätte sie die Anteile nicht erworben.

Der Beklagte macht geltend, er habe umfassend das Angebot der AG & Co. KG vorgestellt und die Funktionsweise der Anlage und die mit ihr verbundenen Risiken eingehend erläutert. Zum Zwecke der Einstufung der Anlageziele und Risikobereitschaft der Klägerin habe er dieser einen Analyse-Fragebogen zukommen lassen, den die Klägerin auch ausgefüllt habe. Auf dessen Ergebnis habe sich seine Beratung letztlich gestützt. Der Klägerin habe das Risiko der Beteiligung bewusst sein müssen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass der Beklgte verpflichtet ist, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr durch Unterzeichnung der "Zeichnungsscheine" der AG & Co. KG entstanden ist und noch entsteht. Der Beklagte hafte der Klägerin auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung aus § 280 BGB.

Zwischen den Parteien sei ein Beratungsvertrag zustandegekommen. Der Ansicht des Beklagten, er abe lediglich als Vertreter der AG & Co. KG gehandelt, folgte das LG nicht. Wer sich auf ein Vertretergeschäft nach § 164 Abs. 1 BGB berufe, müsse - sofern die Stellvertretung streitig sei - die Voraussetzungen der Stellvertretung darlegen und gegebenenfalls beweisen. Die Formulare belegten vielmehr deutlich, dass diese Anlagevermittlern und nicht mit einer Vollmacht ausgestatteten Vertretern zur Verfügung gestellt würden. So habe der Beklagte das Formular als "Vermittler" unterzeichnet.

Vorliegend habe sich der Beklagte jedoch nicht auf bloße Vermittlung einer Wertanlage beschränkt. Vielmehr habe er die Klägerin hinsichtlich einer konkreten Anlageentscheidung beraten.

Ein gesonderter Beratungsvertrag werde, so das Landgericht weiter, stillschweigend abgeschlossen, wenn - gleichgültig auf wessen Initiative - im Zusammenhang mit einer Anlage eine Beratung tatsächlich erfolge. Dafür reiche es aus, dass der Ratgeber erkenne, dass der Kunde das Ergebnis des Gesprächs zur Grundlage seiner Anlageentscheidung machen wolle. Einen Anlageberater werde der Kapitalanleger im allgemeinen vorziehen, wenn er selbst keine ausreichenden wirtschaftlichen Kenntnisse und keinen genügenden Überblick über wirtschaftliche Zusammenhänge habe. Er erwarte dann nicht nur die Mitteilung von Tatsachen, sondern insbesondere deren fachkundige Bewertung und Beurteilung. Häufig wünsche er eine auf seine persönlichen Verhältnisse zugeschnittene Beratung, die er auch besonders honoriere. In einem solchen Vertragsverhältnis habe der Berater regelmäßig weitergehende Pflichten gegenüber dem betreuten Kapitalanleger.

Die Anlageberatung sei zu unterscheiden von der Anlagevermittlung. Dem Anlagevermittler, der für eine bestimmte Kapitalanlage im Interesse des Kapitalsuchenden und auch mit Rücksicht auf die ihm von diesem versprochene Provision den Vertrieb übernommen habe, trete der Anlageinteressent selbständiger gegenüber. An ihn wende er sich in der Regel in dem Bewusstsein, dass der werbende und anpreisende Charakter der Aussagen im Vordergrund stehe.

Vorliegend sei von einer Anlageberatung auszugehen. Mache die Klägerin Schadensersatzansprüche aus dem festgestellten Beratungsvertrag geltend, müsse sie die Pflichtverletzung des Beklagten (Beraters) beweisen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten würden dadurch ausgeglichen, dass die andere Partei zunächst im einzelnen darzulegen habe, in welcher Weise sie die Belehrung vorgenommen haben will. Bestreite der Anlageberater das ihm vorgeworfene Verhalten lediglich unsubstantiiert, gelte das Vorbringen der Klägerin (Kundin) als zugestanden gemäß § 138 Abs. 3 ZPO.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte vorliegend die Pflicht zu einer fachkundigen Bewertung und Beurteilung der Geldanlage vor dem Hintergrund der Bedürfnismöglichkeiten der Klägerin schuldhaft verletzt hatte. Geschuldet werde eine anleger- und objektgerechte Beratung. Der Beklagte habe die Klägerin zur Überzeugung des Gerichts aber nicht objektgerecht beraten.

Die Pflichtverletzung sei für den bei der Klägerin eingetretenen Schaden auch ursächlich gewesen. Ohne die Pflichtverletzung hätte die Klägerin die Anteile der AG & Co. KG nicht erworben und den Verlust ihres Kapitals nicht erlitten.

Durch Beschluss des Pfälzschen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 18.09.2008 wurde die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

Das OLG stellte fest, das LG habe zu Recht angenommen, dass der Beklagte seine Verpflichtungen aus dem mit der Klägerin zustandegekommenen Vertrag schuldhaft verletzt habe und deshalb zum Schadensersatz verpflichtet sei. Dies gelte auch dann, wenn der Beklagte - wofür einiges spreche - lediglich als Anlagevermittler einzustufen sei. Auch als Anlagevermittler sei der Beklagte verpflichtet gewesen, sich über die Bonität des Kapitalsuchenden kundig zu machen oder aber den Anlageinteressenten offenzulegen, dass er über die erforderlichen Informationen nicht verfüge. Dagegen habe der Beklagte verstoßen und es insbesondere versäumt, auf das offensichtlich bestehende Risiko in ausreichender Form hinzuweisen, das mit den von der Klägerin zuvor gehaltenen Anlagen nicht in vergleichbarer Weise verbunden war. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei zu vermuten, dass eine in einem wesentlichen Punkt falsche oder unvollständige Auskunft für die vom Interessenten getroffene Anlageentscheidung ursächlich geworden sei. Das Vorbringen des Beklagten sei nicht geeignet, diese Vermutung hier zu entkräften.

 

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